BZ-Kolumne

Sehnsucht nach Unendlichkeit

Um es vorweg zu gestehen: ich war noch nicht in der großen Caspar David Friedrich-Ausstellung in der Alten Nationalgalerie. Aber ich möchte unbedingt die Bilder aus der Nähe und im Original sehen, die man doch irgendwie schon im Kopf hat.

Caspar David Friedrich zeigt Perspektiven, der Titel der Ausstellung „Unendliche Landschaften“ scheint mir mehr als passend, sein Blick scheint die Leinwand und den Ausstellungsraum zu überwinden, nichts begrenzt die Tiefe seiner Bilder.

Dabei wird der Betrachter selbst zum Teil des Bildes, die wenigen Personen, die er in seine kühnen Kompositionen einfügt, sehen wir nur von hinten, als würden sie vorangehen und uns mitnehmen wollen, die Perspektive unterstreichen und vertiefen.

Und dann ist da der „Zauber der Stille“, wie das Buch zum 250. Geburtstag des Malers von Florian Illies heißt. Ich hoffe, dass er im Ausstellungstrubel nicht verlorengeht, dieser Zauber. Denn genauso wie es kaum Personen in den Bildern gibt, scheint es auch keinerlei Geräusche zu geben. Die Bilder von Caspar David Friedrich lassen ganz still werden, sie wirken wie eine Geräuschunterdrückung in Öl. Man möchte nur betrachtend lauschen – sei es auf die Wellen aber auch in sich selbst hinein. Ja, die Bilder haben etwas melancholisches, aber auch etwas sehr beruhigendes.

Die Sehnsucht nach Stille und die Sehnsucht nach Unendlichkeit – so jedenfalls meine Vermutung – machen die große Aktualität von Caspar David Friedrich aus. Seine Bilder setzen einen starken Kontrapunkt gegen die Kurzsichtigkeit und den Tunnelblick unserer Zeit, brauchen aber auch ein wenig Mut, um sich nicht in den unendlichen Weiten von Meeren und Bergen zu verlieren. Und so stellt sich womöglich im Museum etwas ein, wofür man sonst ans Meer oder in die Berge geht: ein großes und dankbares Staunen über die Natur, über Gottes großartige Schöpfung!